Das HipHop-Projekt „Piece to Peace“ von Villa Fuchs, Jugendhaus und CEB begeistert Jugendliche

MERZIG Der Beat reißt sie alle mit. Ein Dutzend Jugendliche sitzen um Markus Trennheuser alias Drehmoment herum. Sie wippen mit den Köpfen, Oberkörpern oder Füßen. „Das einzige, was den Schmerz lindern kann, ist die Musik“, rappt Trennheuser in das Mikrofon, das er mit der linken Hand dicht vor den Mund hält. „Und jetzt brauche ich von euch ein lautes…“ – „Piece to Peace!“, stimmen die Kids ein. „Das geht aber noch lauter!“ – „Piece to Peace!“

Das von dem Kreiskulturzentrum Villa Fuchs, dem Jugendhaus Merzig und der CEB Akademie ins Leben gerufene Projekt „Piece to Peace“ ist Ende Januar mit einem ersten Schnupperkurs gestartet und mündet in ein HipHop-Workout-Camp. Die Jugendlichen lernen all das, was ein Rapper beherrschen sollte: mit einer speziellen Software produzieren sie am PC eigene Beats, schreiben Rap-Texte, performen sie vor den anderen und drehen ein professionelles Musikvideo, das später auch der Öffentlichkeit präsentiert wird. Markus Trennheuser, saarländischer Rapper, Video- und Musikproduzent, unterstützt die Jungs und Mädels dabei. Vorrangiges Ziel des Projektes im Rahmen des Bundesprogramms „Kultur macht stark“ ist es, Jugendlichen aus schwierigen sozialen Situationen mit kultureller Bildung neue Perspektiven zu bieten, sich selbst zu entfalten und in das gesellschaftliche Leben einzubinden. Diese Teilhabe ist eine Voraussetzung für den sozialen Frieden – daher auch der Titel „Piece to Peace“ (Teil zum Frieden).

„Es ist schon bemerkenswert, wie viele sich bereits in der ersten Stunde ans Mikrofon getraut haben, um vor den anderen etwas zu performen. Dazu gehört schon eine Portion Mut“, zeigt sich Markus Trennheuser beeindruckt. So auch in der zweiten Schnupperstunde. Einer der Jungs packt das Mikrofon, wartet ein paar Takte ab, bis er ein Gespür für den vorgegebenen Beat hat – und rappt los. Seit drei, vier Jahren schreibt er eigene Texte, liest diesen einen von seinem Handy ab. Die anderen hören ihm zu, wippen mit. „In der Gruppe steckt echt Potential. Am Ende produzieren wir einen Hit“, lacht Trennheuser.

Ob jemand Lust hat, zu freestylen, fragt der Rapper. Einfach dem Beat lauschen und texten, was einem durch den Kopf geht? Auch wenn die Jugendlichen sich da noch zurückhalten – an einem eigenen Beat versuchen sie sich gerne mal. Und hauen in die Tasten eines Keyboards. „Besonders interessant finde ich, dass Markus uns zeigt, wie die modernen Musikprogramme funktionieren, mit denen auch die bekannten Rapper arbeiten. Ist schon cool, mal zu sehen, wie man Musik am Computer produziert. Hab ich vorher so noch nie gesehen“, schwärmt der 14-jährige Jeremy. Tobias (16) freut sich vor allem darauf, die späteren Texte in einem echten Studio aufzunehmen. „Dann kann man sich mal so fühlen wie ein richtiger Rapper, sau cool. Und dann machen wir dazu noch ein echtes Musikvideo. Das kann ich dann allen meinen Freunden zeigen. Da werden die Augen machen!“

Besonders wichtig ist Trennheuser, die Jugendlichen dort abzuholen, wo sie stehen, und dass die Texte, die sie schreiben, mit deren Lebenswirklichkeit zu tun haben. Über das Texten lernen die Kinder, sich selbst und ihre Umwelt zu reflektieren und sich schon früh gesellschaftlich relevanten Themen anzunähern, findet Trennheuser. Für den Geschäftsführer der Villa Fuchs, Michael Rauch, ist dieses Projekt in zweierlei Hinsicht interessant. „Zum einen wird den Jugendlichen Medienkompetenz vermittelt und zum anderen lernen die Jugendlichen, wie ein solches Projekt umgesetzt wird. Am Ende stehen zwei bis drei Rap-Songs, die sie mit eigener Kreativität realisiert haben und damit eine Erkenntnis, die für das Selbstbewusstsein von unschätzbarem Wert ist“, so Michael Rauch.

Der erste Song widmet sich dem Thema „Der Weg zum Frieden“. Bevor das Texten beginnt, diskutieren die Jugendlichen, warum Krieg ausbricht und was passieren müsste, damit mehr Frieden herrscht. Die Gruppe einigt sich, dass Ungerechtigkeit und Neid dazu führen können, unzufrieden zu sein. „Sehr gut, alles aufschreiben! Bevor man anfängt zu texten, muss man erst einmal wissen, was man überhaupt sagen will“, fordert Trennheuser die Jugendlichen auf. Disziplin ist eben auch gefordert, selbst Geschichte steht auf dem Plan. So erklärte Trennheuser, wie und wo die Hip-Hop-Kultur ihren Ursprung fand. Dass die Szene in den 70er Jahren in den afroamerikanischen Ghettos von New York City entstand, sich rasch ausbreitete und seit Mitte der 90er Jahre zu den populärsten Jugendkulturen in Deutschland gehört. „Wir machen das hier ganz spielerisch, damit jeder auch immer beschäftigt ist und die Sache auch Spaß macht. Aber ein wenig Theorie gehört eben auch dazu“, sagt der Rapper.

In den kommenden Wochen treffen sich die Jugendlichen regelmäßig mit Markus Trennheuser und tüfteln weiter an ihren Beats und Raps. Im Mai sollen die Ergebnisse live vor Publikum aufgeführt werden. Viel Arbeit liegt noch vor den Jugendlichen, aber die sind hochmotiviert. „Am Ende werden wir echte Stars“, ruft der 14-jährige Jan lachend.

Hintergrund

Das Projekt „Piece to Peace“ wird von der Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren e.V. gefördert, die mit ihrem Konzept „Jugend ins Zentrum!“ in den Jahren 2018 bis 2022 Angebote der kulturellen Bildung für Jugendliche mit erschwerten Zugängen zu Bildung, Kunst und Kultur unterstützt. „Jugend ins Zentrum!“ ist Teil des Programms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Das Projekt „Piece to Peace“ für Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren läuft bis Juni im Jugendhaus Merzig. Beim zweiten Workshop haben sich neben den Projektpartnern – Villa Fuchs, Jugendhaus Merzig und CEB Akademie – auch der Merziger Bürgermeister Markus Hoffeld und Werner Klein vom Landkreis Merzig Wadern von der bisherigen Arbeit überzeugen können. „Ich finde es toll, dass sich die drei Projektpartner den Jugendlichen annehmen und dieses innovative Projekt umsetzen möchten“, sagte Bürgermeister Hoffeld.