Bei der Einweihung einer Gedenktafel hat Landtagspräsident Toscani über die Erinnerung an die NS-Zeit und Verantwortung für die Demokratie gesprochen

HILBRINGEN „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, grauer Beton ummantelt diese Worte in Holzlettern. Der erste Satz, der im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland steht. „Das ist ein einfacher Satz, ein schlichter Satz, ein Satz mit ungeheurer Bedeutung“, sagt der saarländische Landtagspräsident Stephan Toscani, der die Gedenktafel enthüllt hat. „Er steht nicht ohne Grund am Anfang des Grundgesetzes. Er ist eine Antwort auf die Grauen des Holocausts.“ Daran erinnert nun auch die Tafel, die im Garten der Begegnung auf dem Gelände der CEB Akademie in Hilbringen steht.

Schüler der Jean-François-Boch-Schule (BBZ Merzig) haben die Gedenkplatte gestaltet, Mitarbeiter der CEBIN (Centrum für soziale Inklusion) haben sie in Beton gegossen. Eine Rose aus Metall, gefertigt von den Schülern, schmückt die Tafel und erinnert an die Widerstandsgruppe Weiße Rose. Doch auch mit Worten haben die Schüler Impulse des Erinnerns gesetzt. Im Verlauf der Feierstunde haben sie Texte aus dem Buchband „Schreiben gegen das Vergessen“ vorgetragen. Andreas Nikolaus Heinrich, Schulleiter der Jean-François-Boch-Schule, dankte den Klassen des Berufsgrundschuljahrs für Hauswirtschaft und Sozialpflege, des Berufsgrundbildungsjahres und dem Grundkurs Geschichte des beruflichen Oberstufengymnasiums, die stellvertretend für die 1400 Schüler vor Ort waren, für ihr Engagement. Die Jean-François-Boch-Schule habe es sich zur Aufgabe gemacht, junge Menschen nicht nur auf ein beruflich erfolgreiches Leben vorzubereiten, sondern ihnen auch einen ethischen Kompass mitzugeben, sagte Heinrich.

Gisbert Eisenbarth, Vorsitzender der Christlichen Erwachsenenbildung e.V., ging auf das bedeutsame Datum ein: „Heute ist der 12. Juni 2019. Vor genau 90 Jahren wurde die Jüdin Anne Frank geboren. Anne Frank ist zum Gesicht der Shoa, der Massenvernichtung der Juden in Deutschland und Europa geworden.“ Die CEB sei in ihrer 60-jährigen Geschichte stets bestrebt gewesen, die Erinnerung an Menschen wie Anne Frank wach zu halten, zu informieren, zu diskutieren, Menschen zusammenzubringen. Als Beispiele nannte Eisenbarth eine Anne-Frank-Ausstellung in Merzig, mehr als 100 Jugendbegegnungen zwischen deutschen und israelischen Jugendlichen, Besuche an Erinnerungsstätten und zuletzt eine Lesung zu Jochen Kuttlers Buch „Hitlerweck und Eintopfsonntag“. „Wir sehen es als wichtige Aufgabe der politischen Bildung an, das Thema der Erinnerungskultur auf der Tagesordnung zu halten“, sagte Eisenbarth. Die Gedenktafel diene „als Erinnerung und Mahnung, die Menschenrechte zu achten.“

Landtagspräsident Stephan Toscani griff auf, wie wichtig es ist, sich zu erinnern. Vor 90 Jahren wurde Anne Frank geboren, vor 80 Jahren hat der zweite Weltkrieg begonnen, vor 70 Jahren ist das Grundgesetz in Kraft getreten. Auch wenn das in der Geschichte quasi nur wie ein Wimpernschlag sei, sei es im Leben eines Menschen eine ungeheuer lange Zeitspanne. Heute gebe es nur noch wenige Menschen, die die Zeit des NS-Regimes persönlich erlebt haben. „Deshalb ist es wichtig, andere Formen des Erinnerns zu finden, damit eure Generation und eure Kinder auch noch einen Zugang dazu haben.“ Die Erinnerung müsse lebendig bleiben, sie habe für uns, unsere Gegenwart und unsere Zukunft eine enorme Bedeutung. Wir sind in Frieden großgeworden, in Freiheit, sagte Toscani. Das Grundgesetz sei die demokratischste Verfassung, die es in Deutschland je gegeben habe. Darin stehen nicht nur die Rechte, die jeder Bürger habe, sondern es nehme auch jeden Einzelnen in die Pflicht, sich weiterhin für eine offene, demokratische Gesellschaft einzusetzen. Freie Wahlen beispielsweise seien für viele Menschen hierzulande nichts Besonderes, doch anderswo auf der Welt würden Menschen für ihren Wunsch danach in Gefängnisse gesteckt. „Ihr seid freie Bürger in einem freien Land. Das ist etwas Kostbares. Macht etwas aus eurem Leben!“, appellierte Toscani.

Nach der Enthüllung der Gedenktafel haben die Schüler und Teilnehmer des Berufsvorbereitungslehrgangs der CEB zu einem Demokratie-Gespräch im Rahmen des „Tags der offenen Gesellschaft“ eingeladen. Unter dem Motto „Zu den Waffeln!“ haben sie sich mit den Mitarbeitern und Gästen bei selbstgebackenen Waffeln und Getränken ausgetauscht.

Das Festjahr der CEB zu ihrem 60-jährigen Bestehen steht unter dem Motto „Gemeinsam Zukunft bilden“. Bis Ende Oktober gibt es Projekte und Veranstaltungen.