Professor Werner ging bei der vierten ppp-Veranstaltung auf nächtliche Verarbeitungsprozesse ein

HILBRINGEN Dunkle, schwere Töne wabern durch das private Museum. Prallen von den bebilderten Wänden ab, hüllen die Menschen im voll besetzten Raum ein. „Schhhh… Schhhhh…“, zischt Frank Grandjean und zupft an den Saiten seines Kontrabasses. Lugt zu Michael Christensen, dessen Finger sanft mit den Tasten des E-Pianos spielen. Stille. „Das war der Traum“, bemerkt Professor Wolfgang Werner.

Träume – unter diesem Thema stand die vierte Auflage der ppp-Reihe (60 Minuten für philanthropische, philharmonische Psychologie) im Museum der Sammlung Dr. Zimmer in Hilbringen. Professor Werner, ehemaliger Chefarzt des saarländischen Landeskrankenhauses und später der Merziger psychiatrischen Klinik, veranschaulichte, wie das nächtliche Kopfkino die Möglichkeiten, Chancen und Gefahren des Lebens lebendig werden lässt. „Es gibt Beweise, dass wir jede Nacht immer wieder träumen“, sagte Werner. Bemerkenswert sei, an wie wenig wir uns erinnern und davon berichten können. Dennoch ist der Psychiater sich sicher: Im Traum spielen sich Prozesse der Verarbeitung ab. Und sowohl Schlaf als auch Traum sind für die psychische Gesundheit notwendig.

Zwischen den musikalischen Darbietungen ging Werner auf Thesen des Traumforschers Michael Schredel ein, griff Shakespeares „Wir sind der Stoff, aus dem die Träume sind“ und die Adaption von Hugo von Hofmannsthal auf und zitierte einen Traumbericht aus dessen „Die Wege und die Begegnungen“, in dem der Mensch nach den Beweggründen der Menschen fragt.

Vor dem Hintergrund eines lebensgroßen, von Rainer Fetting gemalten schlafenden Menschen erinnerte Werner sich an einen jungen Mann aus der Forensik. Rokko, wie er ihn nannte, war ein schwieriger Patient, gewalttätig, wurde verlegt. Nach einiger Zeit besuchte Werner ihn und in der Erinnerung, die er erzählte, verwischte er Teile der Realität und des Traums. Erzählte von einem Spaziergang am See, wie Rokko auf die andere Seite schwimmt und sich auf eine blaue Luftmatratze legt. Die allgemeine Auffassung, dass Träume manchmal in Erfüllung gehen, traf auf den jungen Mann nicht zu. In seiner Kindheit traumatisiert, konnte er sich nicht in die Welt eingliedern. „Ich habe einen Traum. Dass alle Menschen die gleichen Chancen haben“, sagte Werner. „Rokko ist tot.“

Mit „Ich habe einen Traum“ griff der Psychiater den berühmten Satz von Martin Luther King auf, einen Satz, aus dem Hoffnung spreche. Wenn man an allen Stellen „Neger“ durch „psychisch Behinderte“ ersetze, habe man ein Bild von Deutschland und Europa, so Werner. „Ich habe einen Traum, dass eines Tages die sogenannten Gesunden und die sogenannten psychisch Kranken sich am Tisch der Bruderschaft gemeinsam niedersetzen können.“

Die nächste Veranstaltung der ppp-Reihe mit Unterstützung der CEB Akademie findet am Donnerstag, 7. November, statt. Das Thema an diesem Abend ist „Versündigungswahn“.