Wolfgang Gärtner stellt Arbeiten aus einem Jahrzehnt in der CEB Akademie aus

HILBRINGEN Eine Explosion. Wolfgang Gärtner stampft einen Schritt vor, reißt den rechten Arm hoch und schleudert ihn nach vorne. In der Hand ein imaginärer Pinsel. „Wusch“, stößt er hervor, voller Kraft. Erschrocken bis ehrfürchtig die Gesichter, in die der Künstler nun blicken könnte. Er hat alle Aufmerksamkeit. Doch sein Fokus liegt auf der Leinwand, die vor ihm an der roten Wand hängt, 140 mal 120 Zentimeter. Wolfgang Gärtner scheint einen kurzen Moment in einer eigenen Welt versunken zu sein. Bis sein Künstlerfreund Siegfried Feid das Wort ergreift.

Wolfgang Gärtner hat kürzlich seine neue Ausstellung in der CEB Akademie eröffnet. Im Foyer zeigt er einen Querschnitt seiner Arbeiten aus den vergangenen zehn Jahren: Großformatige Malerei auf Leinwand, Zeichnungen und Paperworks. Zudem bot eine digitale Fotogalerie bei der Vernissage einen Einblick in seine Plastiken und Skulpturen. Bereits 2009 hat Gärtner mit großem Erfolg in der CEB ausgestellt, sagte Geschäftsführer Gisbert Eisenbarth. Seitdem hänge eines seiner Bilder im Foyer, wenn keine anderen Ausstellungen sind. Darin sei viel Kraft zu spüren.

Kraft und Dynamik fanden sich auch im Herzstück der Vernissage, dem Künstlergespräch zwischen Wolfgang Gärtner und Siegfried Feid. „Als Kunstlehrer will ich den Menschen die moderne Kunst näher bringen“, leitete Feid ein. Er nahm die Gäste in seinen Beschreibungen an die Hand und führte sie gedanklich in ein Atelier, das sich Feid und Gärtner einmal geteilt haben. Er beschreibt, wie sein Freund eintritt, bepackt mit Unmengen an Material. „Beginnen wir mit der künstlerischen Arbeit“, sagt Gärtner. Aber nicht etwa, indem er Farbe aus einer Tube drückt und auf eine Leinwand klatscht. Der Prozess beginnt vorher. Gärtner spannt seine Leinwände selbst auf. „Man geht eine Verbindung mit dem Material ein“, versucht er zu beschreiben. Leinwand aufziehen, grundieren, Stunde um Stunde. Die Farbe mischt er mit Acryl und Pigmenten an. Vor dem ersten Pinselstrich ein Moment der Angst: Macht er die vorausgehende Arbeit zunichte? Wenn er mit einem Bild beginnt, hat Gärtner kein Ergebnis vor Augen. „Ich habe eine grobe Idee, wohin es gehen könnte.“ Im Schaffen lässt er sich alle Wege offen. Und: „Auch das Scheitern gehört zu der künstlerischen Tugend.“ Ebenso wie Kritik. „Ich kann damit leben, wenn jemand sagt, dass er mit meiner Kunst nicht anfangen kann.“

Frage für Frage treten die beiden auch Schritt für Schritt näher an die Gäste heran. Feid bezieht sie mit ein. „Wo malst du dann?“, fragt er seinen Künstlerfreund mit Blick in das Publikum. „Kleinere Formate mache ich im Keller, die großen Arbeiten in einem Atelier in Trier, das ich zeitweise miete.“ – „Deine Lieblingsfarbe?“ – „Schwarz.“ Feids Blick geht zurück zum Publikum: „Was halten Sie davon?“ Schweigen. Gärtner erklärt sich: „Schwarz und weiß, das ist die höchste Form der Farbgebung.“ Man scheint den Lehrer in Feid zu spüren. Immer wieder unterbricht seine volltönende Stimme die Ausführungen seines Künstlerfreundes. Der, die Hände erklärend ausgebreitet, versucht sich zu begründen. Lässt sich von Feid leiten. „Zeig uns doch mal, wie du malst!“, fordert dieser etwa auf, bevor Gärtner aus seinem ruhigen Auftreten heraus zu explodieren scheint.

„Kunst ist das Weglassen und das Hinzufügen“, beschreibt Gärtner, als wieder Ruhe eingekehrt ist. Zu oft werde der Fehler gemacht, auf den Berg ein Sahnehäufchen zu setzen, auf das Sahnehäubchen eine Kerze, diese anzuzünden und den Schein zu malen. Diesen Fehler will er nicht machen. „Ein Bild wird nie fertig. Ein Bild wird erst fertig durch den Betrachter“, sagt Gärtner. Dieser soll sich in das hineinfühlen, was er vor sich sieht. Feid sieht die Herausforderung darin, dass man Gärtners Kunst nur versteht, indem man alles vergisst, was man über Kunst gelernt hat. „Entscheidend ist die Erschaffung des Kunstwerks in sich selbst. Der kürzeste Weg, einen Zugang zu finden, ist über Wolfgangs Ausstellung.“ Die Arbeiten sind bis zum 31. Januar in der CEB Akademie zu sehen. Geöffnet ist montags bis donnerstags von 7.30 bis 16.30 Uhr, freitags von 7.30 bis 12 Uhr. Weitere Termine sind auf Anfrage möglich unter Tel. (06861) 930844.

(Text: Ruth Hien)