Die Ausstellung „innere Spuren – äußere Spuren“ der Künstlerin Magdalena Grandmontagne ist bis zum 20. Dezember in der CEB Akademie zu sehen

HILBRINGEN Mit „innere Spuren – äußere Spuren“ ist eine Ausstellung der freischaffenden Künstlerin Magdalena Grandmontagne in der CEB Akademie in Hilbringen zu sehen. Sie bildet den künstlerischen Höhepunkt der Feierlichkeiten zum 60-jährigen Bestehen der Christlichen Erwachsenenbildung. „Wir fühlen uns geehrt, dass die Saarlandbotschafterin Magdalena Grandmontagne unser Haus mit ihrer Ausstellung bereichert und danken ihr für dieses besondere Geschenk zum 60. Geburtstag der CEB“, sagte der CEB-Vorsitzende Gisbert Eisenbarth, der die etwa 80 Anwesenden begrüßte. Seit ihrer Gründung sei die CEB von der europäischen Idee fasziniert und habe vielfältige Aktivitäten zur europäischen Verständigung initiiert und durchgeführt. Auch der Rotary-Club Saarlouis-Untere Saar, der die Ausstellung unterstützt, findet sich in diesem europäischen Gedanken wieder. Club-Präsident Reinhard Biringer hat sich unter dem Jahresthema „Wir im Moselfränkischen Raum“ das Ziel gesetzt, die Kunstszene im moselfränkischen Raum hervorzuheben – „und wer kann das besser als eine Künstlerin, die aus diesem Raum stammt?“

Magdalena Grandmontagne ist im Saarland aufgewachsen, studierte Kunst in Nizza, lebte und arbeitete einige Zeit in Südfrankreich und bezog vor knapp 25 Jahren ihr Atelier im lothringischen Beckerholz. In ihrer Ausstellung „innere Spuren – äußere Spuren“ zeigt sie Arbeiten aus ihrem Bleizyklus, an dem sie seit 1997 wirkt. In einem Künstlergespräch mit ihrem langjährigen Freund Gerhard Wernet hat Grandmontagne den Besuchern der Vernissage ihre Kunst, ihre Motivation und ihre Arbeitsweise näher gebracht. Es folgen einige Auszüge aus diesem Gespräch.

Gerhard Wernet: Wie kommt es, dass du die Kunst zu deinem Beruf gemacht hast und dein ganzes Leben der Kunst widmest?

Magdalena Grandmontagne: Ich hatte das Glück, dass ich gefördert wurde, auch von meinem Elternhaus. Und ich hatte das große Glück, in Nizza Kunst zu studieren. Unsere Schule war auf die zeitgenössische abstrakte Kunst ausgerichtet, meine Schwerpunkte waren Malerei und Radierungen. Die sinnliche Freude am Ritzen der Metallplatten, das Beherrschen der aufwendigen Drucktechniken – da habe ich meine Welt entdeckt. Bald lernte ich die traditionellen Grenzen der Radierungen zu überwinden und diese Technik meinem Wesen entsprechend zu nutzen. Innerhalb der Drucktechniken fand ich mein Material, zunächst Holz- und Metallplatten, später gebeiztes Blei. Das war eine Entdeckung: ein formbares Material, hart und weich zugleich, das Spuren aufnimmt, sichert und bewahrt wie ein materielles Gedächtnis. Diese Druckstöcke auf Papier oder Leinwand zu übertragen und malerisch weiterzubearbeiten war meine Verbindung der beiden Bereiche, Malerei und Radierung.

Wernet: Gibt es ein Schlüsselerlebnis für dich? Wie bist du zur Spurensucherin geworden?

Grandmontagne: Ein Schlüsselerlebnis war ganz sicher die Begegnung mit Yves Klein, der Frauenkörper mit blauer Farbe bemalt und diese durch Kontakt oder Rollen auf Leinwand übertragen hat, um eine visuelle Spur von dieser Aktion zu erhalten. Das hat mich tief beeindruckt. Das war ein wirkliches, aber vergängliches Geschehen, das der Künstler aufgreift und zu einer dauerhaften Erinnerung macht.

Wernet: Du hast mit Radierungen, einem relativ kleinen Format, begonnen und dich dann an größere Arbeiten gewagt. Wie war der Weg dahin?

Grandmontagne: Bei der Radierung ist man schon vom Format der Platte auf die Papiergröße begrenzt. Diese Grenze hat mir nicht gefallen, ich wollte größere Formte und mehr handwerkliche Freiheit. Auf der Kunstschule konnte ich frei experimentieren. Ich begann, meine Druckplatten aufzubrechen, zu schneiden, zu falten und das Relief zu betonen, weil die Radierung im Gegensatz zur Zeichnung in die Tiefe geht. Nach dem Studium habe ich bei Grasse eine private Kunstschule eröffnet, mit dem Schwerpunkt Radierung. Aber ich habe schnell gemerkt, dass die meisten meiner Studenten Malerei lernen wollten und das Thema Natur vorrangig war. Darauf habe ich mich eingestellt. Die Zeit meines geliebten Schwarz-Weiß, die edelste, reinste Farbgebung in der Druckgrafik, war erst einmal vorbei. Es begann die Zeit der Farben. Ich selbst tat mich schwer mit der Buntheit und beschränkte mich zunächst auf wenige Farben. Bis heute liebe ich den Kontrast von gelb und blau, das ist mein persönliches Hell-Dunkel-Paar. In dieser Zeit habe ich mehr gegeben als selbst gearbeitet. Das hat sich geändert, als ich hierher zurückkam. In Lothringen begann die intensivste Zeit des Arbeitens für mich selbst. Ich fand, was ich brauchte: viel Raum, viel Zeit, viel Ruhe. Die umgebende Natur gab und gibt mir alle Anregungen, vom linearen schwarzen Geäst im Winter bis zu der farbigen Fülle im Sommer. Die uralten Mauern und Bäume um mich herum erzählen Geschichten. Ich sehe die Linien einer Baumrinde und lese sie wie eine Baumschrift, die ich entziffern will. Und ich denke dabei an den ganzen Wald. Die Aneignung einer Zeichenwelt aus der direkten, gelebten Umgebung, die Verwandlung zu einem künstlerischen Bild, darin habe ich meinen Weg gefunden.“

Wernet: „Ein weiteres Element in deinen Darstellungen ist das Palimpsest. Palimpsest heißt, dass man verlorenen Spuren nachgeht, da sind wir wieder bei der Spurensuche…“

Grandmontagne: „Ich wurde schon mehrmals gefragt, was ich mit dem Titel ‚innere Spuren – äußere Spuren‘ meine. Ich meine damit, dass es eine sichtbare und eine empfundene Wahrnehmung gibt. Das eine ist die äußere Realität der Welt, das andere ist eine innere Interpretation davon. Ich übernehme ein reelles Motiv aus der Natur, indem ich es körperlich auf meine Bleifolien präge, im Maßstab 1:1. Die Verwandlung zu einem Bild entsteht in einem zweiten Schritt. In meinem Atelier übertrage ich das Relief per Handabrieb auf Leinwand und koloriere es. Das sind manchmal sehr zarte Schattengefüge, Stimmungen, und das meine ich mit den inneren Spuren. Der dritte Schritt, den Sie heute Abend machen, ist die Interpretation, dass Sie Ihre Erinnerungen und Ihre Gefühle in den Bildern finden. Zu der Frage mit dem Palimpsest: Ein Palimpsest ist eine Restspur, die entsteht, wenn Schrifttafeln immer wieder benutzt, abgekratzt und neu beschrieben werden. Das Fragment, das erhalten bleibt, hat einen großen Reiz. Man versucht es zu ergänzen und etwas darin zu lesen. Ich denke aber, dass diese Restspuren nicht nur äußerlich sind. Sie sind auch in unserem Kopf. An was wir uns erinnern bildet eine Art Palimpsest von unseren Gedanken und Gefühlen. Das kann man beim Betrachten durch Farben und Formen wiederbeleben. Eigentlich möchte ich so weit gehen, dass alle meine Bilder Palimpseste sind, auch wenn die Schrift nicht mehr als lineare Struktur zu sehen ist.“

Wernet: „Wie gehst du mit deinen eigenen Arbeiten um? Sind sie irgendwann fertig?“

Grandmontagne: „Ein Bild ist fertig, wenn es einen Platz bei jemandem gefunden hat, nicht, wenn es bei mir im Atelier steht. Wenn Bilder nicht gesehen werden, das ist wie Musik machen, ohne dass jemand zuhört. Aber fertig ist man nie. Ich hoffe, dass ich nie das Gefühl habe, dass ich fertig bin.“

Die Ausstellung „innere Spuren – äußere Spuren“ ist bis 20. Dezember während der Öffnungszeiten der CEB Akademie zu sehen: montags bis donnerstags, 7.30-16.30 Uhr, freitags,.7.30-14 Uhr sowie nach Vereinbarung.