Im Repair-Café in Bietzen helfen Ehrenamtliche, defekte Haushaltsgeräte und Unterhaltungselektronik wieder in Stand zu setzen

BIETZEN Die Stirn liegt in Falten, der Mund zieht sich kräuselnd zusammen. Fragend mustert sie den großen, weißen Zylinder, der vor ihr steht. Maria Klein hat ein Problem: Ihre Wäscheschleuder, ein Erbstück ihrer Großoma, funktioniert nicht mehr richtig. „Ich wäre nicht gekommen, wenn es mir nicht so wichtig gewesen wäre“, sagt sie. Dafür nimmt sie den weiten Weg aus Nohfelden in Kauf, um im Repair-Café in Bietzen Hilfe zu finden. Davon erzählt habe ihr eine Freundin. Sobald Maria Klein den Deckel der Schleuder schließt, fängt das Innere an sich zu drehen, doch das ging zuletzt nicht mehr. Seither habe sie die Maschine von Hand gedreht, was die ältere Frau auf Dauer anstrengte. Vor allem der praktische Nutzen gefalle ihr an der Schleuder: „Ich muss nicht für ein Kleidungsstück die Waschmaschine benutzen.“

Josef Mathis, ehrenamtlicher Helfer im Café, schraubt daher mit seinem Kollegen Bernhard Spellbrink die Wäscheschleuder auf und beide versuchen mit sichtlicher Mühe, den Deckel zu entfernen, wofür die Männer Akkuschrauber, Hammer und Meißel einsetzen. Fast eine Viertelstunde kämpfen sie mit dem Deckel, wobei ihnen auffällt, dass dieser nicht mehr richtig geschlossen hat – und dort das Problem liegt.

Denn als Josef Mathis diesen fest nach unten drückt, um ihn in die ursprünglichen Position zu bringen, läuft die Maschine wieder. „Ich werde verrückt“, freut sich Maria Klein und klatscht erleichtert in die Hände. „Dass Sie die wieder zum Laufen gebracht haben!“ Routiniert fixiert Josef Mathis den Deckel mit zwei Schrauben an der Schleuder. Anschließend kann Maria Klein die Maschine wieder mitnehmen.

Während sie das Repair-Café zufrieden verlässt, bereitet der nächste Fall Manfred Donate Kopfzerbrechen. Er mustert skeptisch die Kreissäge, die vor ihm auf der Arbeitsfläche liegt. „Sie geht nicht mehr“, sagt Norbert Simon und zuckt mit den Schultern. Vor etwa sechs Wochen wollte er seine Türen zuhause ein Stück kürzer machen. „Aber dann fing die Säge an zu qualmen und blieb hängen“, erklärt Simon, der sich erhofft, dass die Säge im Repair-Cafe in Bietzen wieder zum Laufen gebracht wird.

Einmal im Monat lädt der Verein „Bietzerberg – miteinander füreinander“ dazu ein, kaputte Gegenstände vorbeizubringen und sie in gemeinsamer Handarbeit mit Ehrenamtlichen zu reparieren. „Wegwerfen? – Denkste!“ lautet das Motto, unter dem der Verein seit mehr als einem Jahr versucht, dem Wegwerf-Wahn entgegenzuwirken. Entsorgen kam für Nobert Simon bei seiner Kreissäge ebenfalls nicht in Frage. Er ist selbst Mitglied im Verein, ist aber das erste Mal mit einem Anliegen in die Werkstatt des Repair-Cafés gekommen. Um die Fehlerquelle ausfindig zu machen, schrauben Manfred Donate und Uwe Jockers mit vereinten Kräften die Säge auf. Ein Blick in das Innere genügt, um das Problem zu erkennen: Die Kohlebürsten sind heruntergekommen und müssen ersetzt werden.

So wie Norbert Simon kommen viele Bewohner aus der Region vorbei, um an diesem einen Samstag im Monat ihren liebgewonnenen Gegenständen wieder Leben einzuhauchen. Mit solch einem treuen Diener sucht auch Rita Welsch aus Merzig Rat bei Manfred Donate und seinem Team. Ihre Kaffeemaschine tropft und verursacht ihr großen Ärger. Dort, wo die Kaffeekanne steht, verliert sie Wasser, das sich unterhalb der Kanne ansammelt. Das Tückische daran: „Manchmal läuft sie normal und manchmal nicht“, klagt Rita Welsch.

Mit einer Taschenlampe in der Hand verfolgt Josef Mathis, ehrenamtlicher Helfer im Repair-Café, den Testlauf, bis die ersten Tropfen fallen. Als der Fachmann die Klappe der Kaffeemaschine öffnet, ahnt er bereits die Fehlerquelle: Dort, wo das Wasser durch den Filter laufen soll, läuft dieses statt in die Kanne außen an ihr vorbei. Die Lösung ist simpel: Rita Welsch braucht lediglich einen größeren Filter, der mit seinen Maßen in der Maschine für eine Abdichtung sorgt. „Endlich läuft sie wieder richtig“, freut sich Welsch und zeigt sich mit einer kleinen Spende an das Café für die Hilfe erkenntlich.

Denn die Reparaturen führen die Besucher soweit möglich selbst durch. Unterstützt werden sie von den ehrenamtlichen Helfern des Cafés, die unentgeltlich bei der Reparatur assistieren. Sollten für die Instandsetzung der Gerätschaften neue Materialien wie Kabel, Stecker sowie Sicherungen besorgt und verbaut werden, kommen die Besucher dafür auf. Die Verantwortlichen des Repair-Cafés machen deutlich, kein kostenloser Reparaturdienstleister zu sein. „Wir stehen in keiner Konkurrenz zu Firmen, weil die Besucher die Fehlerbehebung eigenständig durchführen“, sagt Manfred Donate. „Sinn des Vereins ist es, sich samstags zu treffen, sich auszutauschen und gemeinsam kaputte Gegenstände in Gang zu bringen“.

15 bis 20 Hilfesuchende kämen im Schnitt an den Samstagen nach Bietzen, berichtet Donate, der sich als Elektriker bestens mit der Technik auskennt. Ein Vorteil, denn er und seine Kollegen reparieren am häufigsten elektronische Geräte. Musikanlagen, Bohrer und Kaffeeautomaten laufen dank ihrer Hilfe wieder und wurden vor der Entsorgung gerettet. „Wir produzieren zu viel Müll, der nicht sein muss“, findet Manfred Donate und macht sich daher für die Instandsetzung stark. Dafür werkeln die Handwerker auch über den Samstag hinaus an defekten Gegenständen, nicht immer ist die Lösung in ein paar Minuten gefunden. „Bei manchen Geräten müssen wir im Internet recherchieren und an Bedienungsanleitungen oder Schaltpläne kommen“, erzählt Donate. „Wir arbeiten hier einen nach dem anderen ab“, sagt er, daher sollten Besucher Zeit mitbringen.

Oft stelle sich die Frage: „Lohnt sich der Zeitaufwand noch für das Gerät?“, sagt Manfred Donate. Zudem erkenne man schon an der Konstruktion, ob ein Gerät geflickt werden kann oder weggeworfen werden muss. Für viele Besucher hat sich die Fahrt zum Repair-Café an diesem Tag gelohnt, denn sie müssen keine Neuanschaffung tätigen und gehen zufrieden mit ihren wieder funktionsfähigen Maschinen nach Hause.

Hintergrund

Der Verein „Bietzerberg miteinander füreinander“ versteht sich als Selbsthilfeverein, der das gemeinsame Dorfleben fördert, die Generationen zusammenführt und die Lebensqualität auf dem Bietzerberg verbessert. Die Angebote des Vereins stehen in keiner Konkurrenz zu gewerblichen Betrieben. Gemeinsam möchte man als ergänzende Hilfe im Alltag fungieren und die soziale und kulturelle Infrastruktur ausbauen. Zu den Dauerangeboten zählen neben dem Repair-Café das Seniorenturnen, Frühstück im alten Pfarrhaus, Kaffeenachmittag, der Handarbeitskreis „Flinke Nadel“ und „Musik im Schuppen“. Darüber hinaus bieten die Ehrenamtlichen Hilfe beim Einkauf, im Haushalt und im Umgang mit Behörden. Im Rahmen des Leuchtturmprojektes hat der Verein die „Freiwilligen-Akademie Bietzerberg“ aufgebaut. Über die Akademie soll die Weiterbildung und Begleitung für die Mitglieder des Bietzerbergs ermöglicht werden. Die CEB Akademie übernimmt als Träger der Erwachsenenbildung und Kooperationspartner die organisatorische und inhaltliche Umsetzung der „Freiwilligen-Akademie Bietzerberg“ und unterstützt so den Verein. Weitere Infos unter www.helf-dahemm.de.

(Text: Tina Leistenschneider)